Die Geschichte der Burg Vlotho

Diese Burgen waren Volksburgen, von Erdwällen, die durch Astgeflecht und Holzwerk gestützt waren, umgeben. Derartige germanische Volksburgen, hier zu Lande auch „Hünenringe" genannt, gibt es im Wiehengebirge, im Weserbergland und im Teutoburger Wald, dem frühgeschichtlichen Osning, eine ganze Reihe; auch im Gebiet zwischen diesen Gebirgszügen befindet sich eine Anzahl davon. Erwähnenswert sind vor allen Dingen im Wiehengebirge die Babylonie bei Pr.-Oldendorf, die Wittekindsburg an der Porta und die Dehmerburg zwischen Bad Oeynhausen und Porta. Im Weserbergland ist es vor allen Dingen die Volksburg auf den Nammer Klippen, die besonders groß und stattlich ist. Im Teutoburger Wald finden wir dann am Hermannsdenkmal die Grotenburg, dann eine Volksburg bei Oerlinghausen und den Hünenring am Dreikaiserturm bei Bielefeld. Auch dicht neben dem Amtshausberg in Vlotho, oberhalb vom Stahlbad Rahlbruch, befindet sich eine zum Teil noch erkennbare Hünenburg. Die Bergkuppe heißt noch heute so.


Urkundlich wird Vlotho zuerst im 12. Jahrhundert genannt. Doch ist bekannt, dass schon vor der urkundlichen Erwähnung in der Gegend ein Geschlecht derer von Vlotho, die zu dem freien Herren- oder Dynastenstande gehörten, erwähnt wird. Urkundlich wird der Name in einer Urkunde ohne Datum genannt, die von dem Bischof Anno von Minden stammt, der in den Jahren 1173-1185 in Minden residierte. Der damalige Edle von Vlotho hieß Gottfried. Ums Jahr 1198 wird ein Arnold von Vlotho erwähnt; auch 1211 wird derselbe noch einmal in einer Urkunde erwähnt. Mit diesem Arnold von Vlotho scheint das Geschlecht ausgestorben zu sein. Im Jahre 1214 wird Vlotho von den Grafen von Ravensberg erworben und geht dann im Jahre 1244 auf die Grafen von Tecklenburg über. Seit dieser Zeit ist Vlotho dann sehr oft verpfändet, geteilt und verkauft worden. So waren beispielsweise die Grafen von Oldenburg und von Bentheim Besitzer Vlothos. Auch die Edelvögte von dem Berge waren gemeinsam mit den Ravensbergern einmal Besitzer der Burg. 1290 verkauften die Edelvögte von dem Berge ihre Hälfte der Burg Vlotho an Kur-Köln. Der Erzbischof von Köln vergab seinen Anteil an der Burg verschiedenen Rittern, so an Otto von Eberstein, der seine Hälfte aber dem Besitzer der anderen Hälfte der Burg übereignete, d. h. die Ravensberger Grafen wurden wieder alleinige Besitzer. Später gelangte Vlotho an die Herzöge von Braunschweig, die Vlotho 1348 an die Grafen von Waldeck verpfändeten. Diese verkauften das ganze dann 1363 an die Grafen von Jülich und Berg. Dann wurde Vlotho wieder verpfändet an eine Familie Wendt, unter deren Herrschaft die Bürger von Minden im Jahre 1368 in der Mindener Fehde Vlotho erstürmten und verbrannten. So wechselten dann die Inhaber von Vlotho manchmal sogar von Jahr zu Jahr, bis endlich 1529 die Waldeckschen Teilbesitzrechte völlig abgefunden wurden und der Herzog von Cleve, der Erbe des Herzogtums Jülich, Vlotho seiner Grafschaft Ravensberg ganz einverleiben konnte. 1609 kam dann Vlotho an das Haus der Markgrafen von Brandenburg, dessen Kurfürst damals Johann Sigismund war. Seit dem Aussterben des Geschlechts der Herren von Vlotho hat wohl kaum einer der späteren Besitzer jemals auf der Burg Vlotho gelebt.

Nur die Verwaltungsbeamten des jeweiligen Besitzers, die Drosten und Burgmänner, hatten ihren Wohnsitz auf der Bergfeste, die durch diesen Amtssitz der Drosten den Namen Amtshausberg erhielt, in Wirklichkeit heißt der Berg „Oberg", ein Vorberg der Ebenöde.

Es ist noch zu erwähnen, dass im Dreißigjährigen Kriege am 7. Oktober 1638 oberhalb Vlotho auf den Beerenkämpen bei Valdorf eine Schlacht stattfand, in der die verbündeten Schweden und Protestanten von den Kaiserlichen unter Führung des Grafen Hatzfeld geschlagen wurden. Dabei wurde der Kurprinz Ruprecht, der Sohn des sogenannten Winterkönigs Friedrich von der Pfalz, gefangengenommen und der hessische Landgraf Karl Ludwig musste über die Weser nach Minden fliehen. Die Niederlage der Schweden und Protestanten scheint aber nicht sehr groß gewesen zu sein, denn der schwedische Feldherr hatte zwei Tage später den größten Teil seiner Truppen wieder zusammen. Kanonenkugeln und Waffen aus jener Schlacht sind gefunden und teilweise auch im Museum in Vlotho zu sehen.

Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gerieten die inzwischen in den Besitz von Vlotho gekommenen Brandenburger in einen Krieg mit Frankreich und dem streitbaren Bischof von Münster, Bernhard von Galen, der mit den Franzosen verbündet war. Die Münsterschen fielen in Minden-Ravensberg ein und belagerten 1673 von der Ebenöde aus die Burg, mussten aber schließlich, da sie die Burg nicht bezwingen konnten, unverrichteter Sache wieder abziehen. Schlimmer erging es Vlotho 6 Jahre später, im Jahre 1679, als französische Truppen in das Gebiet einfielen. Vlotho wurde erobert und die Burg geplündert. Der Wohnsitz der Amtmänner, der Drosten, musste damals wegen Unbewohnbarkeit der Burg nach dem fiskalischen Gute „Deesberg" verlegt werden.

Trotzdem Vlotho schon ziemlich früh Stadtgerechtsame erhalten hatte, etwa um 1200, die es bis 1450 behielt, war es doch besonders im Dreißigjährigen Kriege so niedergegangen, dass nur noch ein gemeindlicher Flecken ohne städttische Gerechtsame übrigblieb. Erst 1650 erhielt es wieder neue Freiheiten und erst 1719 wieder volle städtische Gerechtsame.

Ich darf darauf hinweisen, dass die Reste der Burg auf dem Amtshausberg nicht die Reste der alten ersten ursprünglichen Burg sind. Die älteste Burg Vlotho befand sich unten im Tal. Diese alte Burg im Tal wurde bereits im Jahre 1258 zu einem Zisterzienser-Nonnenkloster umgewandelt und diese Klosterstiftung wurde „Segenstal" genannt. Aus dieser Zeit muss wohl auch die neuere Burg oben auf dem Berge stammen. Das Kloster „Segenstal" wurde dann im Jahre 1440 in eine Niederlassung der Benediktinermönche umgewandelt, die jedoch im Jahre 1560 der Reformation weichen musste.

Burg vor dem Abbruch 1709:

Die Regierung ordnete den Abbruch der Burg bis auf wenige noch besser erhaltene Gebäudeteile an; dieses geschah durch öffentliche Abbruchsausschreibung. Im Frühjahr 1709 fand dann auf der Burg die Versteigerung statt, die sage und schreibe etwa 380 Taler Erlös für den Staat erbrachte. Offenbar haben dann die einzelnen Unternehmer aus den ersteigerten Losen, wie es ihnen gefiel, das brauchbare Material herausgebrochen und verwertet. Die preußische Sparsamkeit jener Zeit hat zweifellos mit dazu beigetragen, die Burganlage bis auf ihre Grundmauern zu zerstören. Dass der Bericht der Kommission der Kriegs- und Domänenkammer bezüglich des baulichen Auslandes des Mauerwerkes sehr gefärbt gewesen sein muss, geht daraus hervor, dass bei den seit 1936 eingeleiteten Wiederherstellungsarbeiten festgestellt worden ist, dass das alte Mauerwerk von einer unvergleichlichen Güte und Festigkeit ist. Offenbar wollte die Kriegs- und Domänenkammer die alte Burg- und Festungsanlage, deren kriegstechnischer Wert nach 1700 gleich Null war, nicht mehr unterhalten und die Unterhaltungsgelder einsparen und glaubte, aus diesem Grunde den Abbruch vorschlagen zu müssen.

Leider konnte auch bis heute aus keiner Zeit seit Erbauung der Burg Vlotho irgendein Bild gefunden werden, das die äußeren Formen der Burg erkennen ließe. Die einzigen Bilder, die vorhanden sind, sind Stiche, deren ältester wohl aus dem Jahre 1790 stammt, also zu einer Zeit, da die Burg bereits zum größeren Teil abgebrochen war. Außerdem zeigen diese vorhandenen Bilder nur immer eine Gesamtansicht von Stadt und Burg, wobei die Burg auf den Bildern sehr klein erscheint. Einzelheiten von der Burg sind nicht zu erkennen. Dahingegen gibt es beispielsweise von der alten Burg in Hausberge an der Porta einen Stich von Merian, etwa aus dem Jahre 1650, auf dem jede Einzelheit zu erkennen ist. Nach der Versteigerung von 1709 blieben nur noch einige wenige Gebäudeteile erhalten, so ein kleineres Gebäude mit einem Wohnrecht für eine frühere Drostenfamilie. Auch einige Kellergewölbe waren noch vorhanden, in denen zeitweise das Amtsgefängnis eingerichtet wurde. Eine Zeitlang war in der Burganlage auch ein kleiner bäuerlicher Pachtbetrieb untergebracht. Wohl nach 1800 wurde dann im Ostteil der Burg nach der Weser zu ein Fachwerkbau errichtet, der Wohnung und Bürohaus der Amtmänner von Vlotho war. Von diesem sehr späten Gebäude haben die Burg und die Bergkuppe auch den Namen Amtshausberg erhalten. Dieses Gebäude ist aber auch schon längst wieder abgebrochen, nur seine Grundmauern wurden bei unseren Grabungen noch festgestellt. Nach Abbruch des Amtshauses und Erwerb des ganzen Grundstücks durch die Stadt Vlotho wurde lediglich noch in einem kleinen Schuppen eine Sonntagswirtschaft unterhalten, die später zu einer Tagesgaststätte in dem noch jetzt vorhandenen Gebäude am Nordtor erweitert worden ist. Im Jahre 1903 wurde dann im Südostteil der Burg ein Bismarckturm errichtet, bei dessen Bau die vorhandenen Grundmauern der alten Kapelle zum Teil beschädigt wurden.

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Helmut Hartkopf

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